Sonja's Dublin

Tuesday, January 18, 2005

Haunted

Ich kann seit Tagen dieses Bild nicht vergessen. Egal, was ich mache, ob ich bei der Arbeit bin, auf dem Nachhauseweg, vor dem Fernseher am Abend oder im Bett kurz vorm Einschlafen, immer wieder drängt es sich mir in das Gedächtnis. Es ist wirklich wie eine Verfolgung, wie eine Heimsuchung, denn das Bild ist alles andere als ein Schönes. Ich sehe Folgendes:
Ein Mensch, so abgemagert und dünn, dass man nicht mehr sehen kann, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, legt ein Bündel, gewickelt in staubige, graue Tuchfetzen vorsichtig auf den staubigen, trockenen, harten Boden. Er zupft sorgsam noch etwas am Bündel zurecht und erst jetzt wird sichtbar - es handelt sich nicht um ein Bündel Stoff, sondern in den Stoff ist ein Kinderleichnam eingewickelt. Die Beine so dünn wie Holzäste, Körper und Kopf sind verhüllt und man kann sie nicht sehen.
Schon beim Schreiben fühle ich wieder die Wärme und das süße Kitzeln von Tränen in meiner Kehle und hinter meinen Lidern. Das Bild ist einfach zu grausam - ein totes Kleinkind, zur letzten Ruhe "gebettet" von seinem Vater oder seiner Mutter.
Gesehen habe ich es vor drei Tagen, als ich mir die zu Weihnachten gegönnte Live Aid-DVD anschaute. Gerade war David Bowie verklungen, da wurde ein kurzer Film eingespielt, der das Ausmaß und das Elend der Hungersnot von 1984 in Äthiopien zeigte. Obwohl diese Bilder nun schon 20 Jahre alt sind, war ich nicht nur geschockt, sondern richtiggehend getroffen von dem Film, mir strömten die Tränen nur die Wangen herunter.
Vor 20 Jahren habe ich selber nicht viel davon mitgekriegt. Ich war ja damals auch erst 14, 15 Jahre alt. Und die Tragödien des Lebens konnte man als Teenager noch gut verdrängen - oder sie waren überlagert von den "wirklich wichtigen Dingen" wie der unerwiderten Liebe zu Dietmar... Obwohl ich an jenem 13. Juli 1985 auch vor dem Fernseher saß und gemeinsam mit Millionen anderen Live Aid verfolgte, kann ich mich an diese Filmeinspielung nicht erinnern.
Nun bin ich 20 Jahre älter, habe schon mehr im Leben gesehen und erlebt und bin anders als damals. Ich habe meine Ausbildung abgeschlossen und Kinder. Aber die Hungersnot, die ist immer noch dieselbe geblieben wie damals. Nun wütet sie nicht mehr in Äthiopien, aber im Sudan sterben dafür jeden Tag Menschen. Geändert hat sich also gar nichts.
Dass mich dieses Bild besonders anrührt, hat sicher damit zu tun, dass es mir besonders leicht fällt, mir vorzustellen, mein eigenes Kind zu verlieren. (Nein, das ist eigentlich unvorstellbar, und der Schmerz kaum auszuhalten!) Und beim Schauen des Kurzfilms war mir so bewusst - diese Menschen sind heute ALLE tot! Diese Kinder hatten keine Chance. Und wir sitzen hier mit unseren kleinen Problemen, mit unserem gemütlichen Leben, in dem wir 700 Euro im Monat für die Kindergartenbespielung unserer Kinder ausgeben, naschen vor dem Fernseher mal eben eine Tüte Erdnüsse, verqualmen 25 Euro die Woche und und und... Ich fühle mich beschämt...
Nicht nur für meine eigenen Unzulänglichkeiten schäme ich mich. Auch dafür, dass auf der Erde eine Milliarde Menschen mit weniger als 1 Euro pro Tag auskommen - und die EU jede verdammte europäische Kuh mit 2,50 Euro pro Tag subventioniert. Wo ist das gerecht, wo ist das überhaupt noch menschlich?
Ich will was ändern!

Monday, January 17, 2005

Und heute gintg's weiter...

... mit dem Umzug. Bzw. heute, MONTAG, wurde der Umzug sozusagen beendet. Über das Wochenende waren die Umbauarbeiten abgeschlossen und man kann durchaus sagen, dass das Büro dadurch nicht nur besser aufgeteilt ist, sondern auch mehr Licht und Atmosphäre hat. Der neue Teppichboden fiel mir zunächst fast gar nicht auf - bin aber froh, dass er da ist, da ich eines Tages sicher am alten Loch vor meinem Schreibtisch hängen geblieben und mir den Hals gebrochen hätte... Der "German Senior"-Schreibtisch ist praktisch an gleicher Stelle geblieben, in der linken Ecke, zieht sich nun aber bis vor das Fenster. So wie ich es sehe, haben wir nun allerdings wesentlich weniger Ablageplatz als bisher. Wie hier ein Redakteur mit einem Assistenten arbeiten soll, ist mir nicht klar!!
Zunächst konnten wir gar nichts machen, da wir weder PCs noch Material wieder vorliegen hatten. Ich habe dann an dem Donnerstag und Freitag zu Hause begonnenen Material weitergearbeitet.Erst nach 10 Uhr kam die Speditionsfirma mit den roten Kisten wieder, die dann von den schwitzenden (und alles andere als begeisterten Umzugsleuten) hier nach oben gewuchtet wurden. Zunächst packte ich aber Ians große Kiste aus, da Steven die PCs wieder ans Netzwerk anschließen musste. Als dann meine große Kiste (unter bösem Fluchen der Umzugsleute - tja, dat Ding war voll bis oben hin!) ankam, stellte ich PC auf den Tisch und räumte die ersten Akten in den kleinen Aktencontainer am Schreibtisch. Dort hinein kamen auch Stifte und Cassetten und anderer Kleinkram.
Dann kamen die kleinen Kisten an. Ich habe insgesamt 3 kleine Kisten geleert. Die erste davon war mit Büchern bepackt. Darunter waren die gebrauchten Nachschlagewerke der Duden-Reihe, Wörterbücher etc., die ich auf meinem Schreibtisch deponiert habe, bis die Regale schließlich noch an die Wand geschraubt werden. Andere Sachen habe ich gleich in Pappkartons sortiert - da ich beim besten Willen nicht weiß, wie die ganzen Unterlagen und Bücher hier untergebracht werden sollen, u.a. Dinge wie Studienführer Uni Mainz von 1996/97 (!), Frauenhandbuch 1984 (!!), Länderinformationen Österreich, gesammelte Jahrgänge von Zeitschriften von 1998 (!!), Jahrbücher vom Frauenlob Gymnasium Mainz etc. pp.Trotz mehrfachen Hinweisens beim Management, dass die Unmenge der Akten von Barbara unbedingt in einen Aktenschrank untergebracht werden muss, ist entschieden worden, dass in Zukunft jede Sprache (= zwei Zeitschriften) EINEN Aktenschrank teilen soll. Das ist allein mit dem einen Aktenschrank füllenden Archiv von Barbara unmöglich. Dementsprechend konnte ich lediglich zwei kleine Kisten in die zwei mir zustehenden Aktenschrankschubladen füllen und Bücher in meine Hälfte eines Regalfaches stellen. (Bei diesen Büchern handelt es sich um Barbaras eigene Schulbuchsammlung!)Cassetten und CDs sind wieder in einer Schublade untergebracht. Das Telefon ist wieder angeschlossen (jetzt mit Ian zu teilen, der den Schreibtisch neben mir hat.).Mir tun unterer Rücken und Schultern weh.

Friday, January 14, 2005

Nur mal eben festhalten...

... was ich hier eigentlich im Moment so mache. Wer weiß, ob so etwas noch irgendwann mal irgendwie aufs Tapet kommt. Dann habe ich wenigstens dokumentiert, wie - subjektiv - diese ganze Büroumbauerei abgelaufen ist.
Der Act fing am DIENSTAG NACHMITTAG an. Während bei uns im Büro zwei Heizungsmonteure den Heizkörper von einer Wand an eine andere versetzten und dabei nicht nur ohrenbetäubend bohrten, sondern außerdem auch die Büromöbel verschieben mussten, konnte ich effektiv nicht arbeiten. Einmal wegen des Lärms und des ständigen Umräumens, außerdem wegen des Abschalten des Stroms. Gleichzeitig wurde auch erst am Dienstag Nachmittag bekannt gegeben, dass wir bereits sofort anfangen sollten, alle Materialien, die ins permanente Lager/Archiv gebracht werden können, einzupacken. Dazu standen kleine Pappkartons zur Verfügung, die beschriftet und nummeriert werden mussten.
Ich habe am Dienstag Nachmittag insgesamt 5 Pappkartons gepackt. Diese enthalten nunmehr den weitgehend nicht benutzten Brockhaus, unaktuelle Almanache und Nachschlagewerke, Belegexemplare von Authentik ab dem Jahr 1998, final drafts von Authentik von noch VOR 1998, sowie alte Hörprogramme auf Cassette, Aufnahme-CDs und Examenscassetten.
MITTWOCH ging es dann in die Vollen. Management hatte uns ursprünglich auf unsere Bedenken hin, dass es ja wohl ganz schön lange dauern würde, wenn wir hier alles aus- und einräumen müssen (und das auch noch mitten im Produktionszyklus!) mitgeteilt, dass das Einpacken ja nur "eine halbe Stunde" dauern würde. Dies kam leider nicht hin!
In die angelieferten roten Umzugskisten packte ich zunächst einmal alle Akten aus dem Aktenschrank. Ich brauchte für sämtliche Akten insgesamt 2 der (kleinen) Umzugskisten. Es handelt sich bei diesen Akten im wesentlichen um ein mehr oder weniger ungenutztes Archiv von Barbara, die dort Broschüren und Zeitungsausschnitten zu verschiedenen Themengebieten sammelt und aufbewahrt. Ich persönlich habe in meinen bisherigen 3 Monaten als Redakteurin nicht ein Mal in dieses Archiv hineingeschaut!!! Außerdem lagern dort Akten zu allen möglichen anderen Bereichen - Intern. Deutschlehrerverband, Language Assistants, zu Examensrichtlinien, vergangenen Reisen nach D'land, teilgenommenen Konferenzen etc.Desweiteren musste ich die Bücher aus dem Bücherregal einpacken. Die Kinder- und Jugendbücher habe ich mit dem OK von Una zunächst einmal in Tüten abtransportiert, um sie dann an GI-Bibliothek oder Deutsche Kirche weiterzugeben. Übrig blieben zahlreiche Sprachbücher, einige allgemeine Nachschlagwerke (Duden etc.), Infomaterial und Broschüren von Barbaras letztem D'land-Trip und Barbaras PRIVATBÜCHER, die sie vor ihrem Umzug nach USA aus ihrem Haus ins Büro gebracht hat, damit sie im weiter vermieteten Haus Platz schafft. Diese Bücher und Broschüren haben eine weitere (kleine) Kiste gefüllt. In eine weitere Kiste habe ich die Akten aus dem kleinen Tisch-Container gepackt, dazu die dort außerdem aufbewahrten alten Cassetten (u.a. "Kelly Family: Guten Abend, gute Nacht", "Broadway-Melodien", uralte, längst nicht mehr aktuelle Radio-Mitschnitte), alte Reelgood- und Trend-Aufnahme-CDs.In einer extra-großen Kiste wurden weitere Akten verstaut, dazu der PC mit Monitor und Zubehör, Kleinkram, Cassetten, Archiv-Ausgaben von Authentik etc.
Insgesamt habe ich meines Wissens 6 Kisten eingepackt und musste dennoch noch Schreibtischlampe, Ablagekörbe und anderen Kram in andere Kisten legen. Die Kisten waren zu groß und zu schwer um sie zu tragen!!!Als ganz klares FAZIT möchte ich hier festhalten, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass ich den Privatkram einer anderen Person hier einpacken - und wieder auspacken darf. Davor graut mir schon am nächsten Montag! Meine Laune in den letzten beiden Tagen war - gelinde gesagt - sauer und frustriert. Hinzu kommt noch, dass mir seit gestern der untere Rücken weh tut!

Wednesday, January 12, 2005

Noch mal zum Thema Spenden

In meiner Firma (16 ständige Mitarbeiter plus freie Mitarbeiter) haben wir am letzten Donnerstag unsere wöchentliche Kaffeepause zu Gunsten der Tsunami-Fluthilfe gemacht. Alle Mitarbeiter haben Geld gespendet und die Firma hat auch noch Geld dazu gegeben - und ich bin absolut platt, als ich hier eben das Spenden-Ergebnis sehe: 1487 EUR (kein Vertipper). Na, da kommt ja doch etwas zusammen. Ich finde es toll - auch dass die Firma Geld gegeben hat (obwohl sie sonst mehr als knausrig sind, was unsere Gehälter angeht!)

Tuesday, January 11, 2005

Ich hasse Umziehen!!!

Es ist nicht das Wechseln von Kleidung, das mich nervt, aber das Umziehen von einem Haus in ein anderes. Und genau das passiert hier gerade um mich herum.
Hier herrscht gerade ein heilloses Chaos, da unser Büro umgebaut wird. Ich schreibe zwischen Kisten und Kartons und bin HOCHGRADIG genervt, weil hier nicht nur der Schlagbohrer nervt, sondern auch die Tatsache, dass ich den ganzen SCHEISS meiner Vorgänger-Chefin hier verpacken darf. Nichts davon darf ja wegkommen, denn sie kommt ja im Sommer wieder an ihren Job zurück. Und ich ärgere mich hier tierisch darüber, dass die Dame vor ihrem temporären Umzug nach USA hier nicht nur nicht selber Ordnung gemacht, sondern sogar noch Bücher aus ihrem Privatbestand ins Büro gebracht hat, weil sie ja ihr Haus für ein Jahr vermietet... Grrrrrrrrrrrr, und ich darf den Mist am Montag wieder einpacken...
Donnerstag und Freitag darf ich dafür von zu Hause aus arbeiten. Vielleicht auch mal ganz nett, aber ich sehe schon kommen, dass ich diese Woche mein Soll an geschafften Magazin-Seiten nicht erfüllen kann. Meine Kollegen aber auch nicht.

Thursday, January 06, 2005

Vitamin E

Also, ich bin ja schwer begeistert, wie aufmerksam sich meine Firma um das Wohlergehen ihrer Angestellten und der Welt kümmert. Heute hat die Firma im Namen der Angestellten einen schönen Betrag für die Fluthilfe gespendet. Jedes Jahr im Herbst sponsort die Firma außerdem die Grippe-Vorbeugeimpfung. Mit Krankheiten wird hier nicht gespaßt - denn nur eine glückliche Belegschaft ist eine erfolgreiche Belegschaft.
Und seit neuestem werden wir nun auch noch mit Vitamin E gepflegt. Das ist ein so genanntes Antioxidans, das sich auf die Zellmembranen setzt und damit vor freien Radikalen schützt. (Haha, allerdings nicht vor freien Radikalen wie mich, denn die gewerkschaftliche Organisation eines Teils der Belegschaft habe ich trotz Vitamin Es erreicht... ) Ich habe mich mal schlau gemacht und herausgefunden, dass Vitamin E-Mangel ganz schön fies ist - man kann Konzentrations- und Muskelschwächen bekommen, das Immunsystem wird anfälliger und die Gefahr von Krankheiten wie Krebs, Rheuma, Diabetes, Arteriosklerose und Schlaganfällen wird größer. Ist doch klasse, dass die Firma sich so sorgt, was? Und dass man auch so einfach Abhilfe schaffen kann: Man braucht sich nur noch mit Andrex Toilettenpapier mit Aloe Vera den Hintern abzuwischen. Mir ist jetzt nur schleierhaft, wie das Vitamin E vom Klopapier in meine Zellen kommt???