Hier nochmal eben abschließend meine Theaterkritik
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Würden Sie freiwillig 30 Minuten dem Monolog einer Ihnen unbekannten Person zuhören? Ziehen Sie eine handlungsgeladene Theater-Szene einem monochromen Bühnenbild und einem schlecht gekleideten einzelnen Schauspieler vor? Bis letzten Sonnabend hätte ich diese Fragen mit einem unbeirrten "Ja" beantwortet. Aber dann hatte ich das Glück ein Theaterstück zu erleben, das seinesgleichen sucht. "The Faith Healer" (übersetzt: Gesundbeter) erzählt die Geschichte eines Mannes, der durch Handauflegen Menschen heilt. Sein unstetes Wanderleben führt ihn durch die Dörfer Schottlands und Wales', seine Gefährten sind seine Frau/Geliebte und sein Agent. In 4 Monologen erzählen die 4 Personen die gleiche Geschichte aus ihren individuellen Perspektiven. Es bleibt dem Zuschauer überlassen, die wahre Version der Ereignisse aus den 3 Darstellungen herauszufiltern.
Und das ist keine leichte Aufgabe, erschwert durch einen überraschenden Schluss. Keine leichte Aufgabe für die Schauspieler sind ihre Monologe. Wie emotional fordernd muss es v.a. für den Hauptdarsteller, Hollywood-Star Ralph Fiennes, sein, die Vorstellung mit einem 20minütigen Monolog zu eröffnen, dann für über eine Stunde abzutreten, während seine Mitspieler Ingrid Craigie und Ian McDiarmid ihre Monologe sprechen, und dann zum Schlussmonolog wieder aufzutreten. Seine Darstellung des Faith Healers war durchgehend überzeugend, wenn auch etwas zurückhaltend. Erst, wenn er einen Textteil voller Wut und Leidenschaft herausschleudern konnte, gelang es, das Gesicht von Ralph Fiennes zu vergessen und stattdessen nur noch seine Rolle Frank Hardy zu sehen. Das ist der Fluch der Berühmtheit - die weniger in Film und Fernsehen präsenten Gesichter der anderen Schauspieler gingen ganz in ihren Rollen auf. Letzteres liegt natürlich auch am überzeugenden Text - Sprache und Aussage passen glaubhaft zu den Personen, der Inhalt ist realistisch und anrührend.
Die Vorstellung endete mit verdienten stehenden Ovationen für alle drei Akteure, v.a. aber Fiennes."
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So, und ansonsten: geil, der Abend! In der zweiten Reihe saß man wirklich knapp 2 Meter von Ralph Fiennes entfernt. Höhö, noch in Spuckweite - wenn es da textlich hoch her ging, spuckte er da ganz schön... Er ist schon ein faszinierender, überzeugender Schauspieler, aber ich persönlich fand es schwierig, hinter dem berühmten Gesicht die Rolle zu sehen - ich saß die ganze Zeit nur da und dachte "Boh, das ist Ralph Fiennes. - Das da ist Ralph Fiennes. - Ich sehe hier gerade Ralph Fiennes auf der Bühne. - Mensch, das ist Ralph Fiennes, nur 2 Meter entfernt von mir." :rofl: Die beiden anderen Schauspieler hatten es da sehr viel einfacher, so dass mir da auch die Tränen liefen.